Vorlesung Keio 2006/2007
Peter Sloterdijk : Metaphorik der Globalisierung
Nicht erst seit der vollständigen Publikation der dreibändigen „Sphärologie“ der „Blasen“, „Globen“ und „Schäume“ ist Peter Sloterdijk, geb.1947, Ästhetik-Professor in Karlsruhe und Wien, der meistdiskutierte „neue“ Philosoph in Deutschland. Man kann vom intellektuellen Medienphänomen Sloterdijk sprechen, das sich transversal im akademischen Hörsaal, im exquisiten Tagungshotel, Verlagshaus, Presse-Büro und Fernseh-Studio manifestiert (z.B. „Philosophisches Quartett“ im ZDF). Diesseits der „alten“ Geschichtsphilosophien bietet Sloterdijks dreibändiges Hauptwerk der „Sphären“ nun nichts weniger als eine „neue“ Erzählung der ganzen Menschheitsgeschichte. Es geht um eine morphologisch-immunologische Extraversionsgeschichte, die vom intimen Minimum, dem exklusiven Raum der dualen Blase, zum imperialen Maximum, dem inklusiven Rundkosmos des Globus, fortschreitet, um sich schließlich in unsere (biotechnologisch bestimmte!) Gegenwart der polysphärischen Welten und luftigen Schäume zu zerstreuen. In der kapitalistisch entfalteten Endphase der Globalisierung schlägt universelle Inklusivität unvermeidlich in multiple Exklusivitäten um, wie Sloterdijks Schlüsselmetapher des Treibhauses und seiner insularen Komfortsphäre zeigt: Der Londoner Kristallpalast, Ort der ersten Weltausstellung 1851, ist Sloterdijks ausdrucksstärkste Metapher für den „Weltinnenraum des Kapitals“.
Im Mittelpunkt der Vorlesung steht einerseits Sloterdijks makrosphärologische Theorie der Globalisierung. D.h. ihre Rede von „terrestrischer Globalisierung“, welche mit der ersten Erdumseglung 1522 auf die theologisch-metaphysische folgt und der zeitgenössischen telekommunikativen Globalisierung vorangeht. Andererseits steht Sloterdijks metaphorischer Stil zur Diskussion, der Erzählen und Philosophieren „geschwätzig“ verknüpft. Sein Diskurs spricht nicht über Bilder und Metaphern, sondern strategisch durch sie: Metapher und Rhetorik ersetzen nachgerade Begriff und Analyse.
Text: Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals. Für eine philosophische Theorie der Globalisierung, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2005.
Eine erste und kürzere Fassung findet sich in: Peter Sloterdijk, Sphären. Makrosphärologie. Bd.II : Globen, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1999, S.801-1005 (= Kap.8 : „Die letzte Kugel. Für eine philosophische Geschichte der terrestrischen Globalisierung“)
Zur weiteren Lektüre empfohlen: Peter Sloterdijk, Sphären. Plurale Sphärologie. Bd. III : Schäume, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2004.
Zusätzliche Texte und Materialien werden auf Wunsch zur Verfügung gestellt.