Vorlesung Paris IV-Sorbonne 1986/1987
Elias Canetti „Die Blendung“
Elias Canetti (geb. 1905) hat seinen einzigen Roman Die Blendung zuerst 1935 veröffentlicht. „Kant fängt Feuer“ sollte der vormalige Titel lauten, die Hauptfigur des Romans, der „reine Büchermensch“ namens Professor Dr. Peter Kien, sollte zuerst Brand, dann Kant heißen. Canettis autobiographische Schriften (vor allem Die Fackel im Ohr, 1980) legen dar, daß das Buch um 1930 noch als eines von 8 Büchern gedacht war, womit der junge wie ehrgeizige Autor kraft des Romanzyklus einer „Comédie humaine an Irren“ in die epischen Fußstapfen eines Dante und Balzac treten wollte.
Die Vorlesung versucht, Canettis Roman nicht nur im Kontext der Biographie des Autors und der Zeitgeschichte des 20.Jahrhunderts zu erläutern. Vielmehr sollen auch Bezüge zur literarischen Formtradition des deutschen und europäischen Romans die Analyse und Interpretation von Canettis Meisterwerk voranbringen. Gegen die monologische Konzeption des Bildungsromans kann Die Blendung als polyphoner Roman bzw. Stadtroman gelesen werden, wo die dramatische Vielstimmigkeit der Figuren (als “akustische Masken“) mit dem Rückzug des epischen Autor-Erzählers zusammengeht.
Texte von Elias Canetti:
- Die Blendung. Roman, Fischer TB 696, Frankfurt am Main 1965.
- Masse und Macht. Fischer TB 6544, Frankfurt am Main 1980.
- Dramen. Fischer TB 7027, Frankfurt am Main 1978.
- Die gerettete Zunge. Geschichte einer Jugend. Fischer TB 2083, Frankfurt am Main 1979.
- Die Fackel im Ohr. Lebensgeschichte 1921-1931. Fischer TB 5404, Frankfurt am Main 1982.
- Das Augenspiel. Lebensgeschichte 1931-1937. Hanser, München 1985.
- Das Gewissen der Worte. Essays. Fischer TB 5058, Frankfurt am Main 1981.
Plan der Vorlesung: