Vorlesung Keio 2013/2014
Friedrich Nietzsche: „Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen“ (1883-1885)
Friedrich Nietzsche (1844-1900) hat wie kaum ein anderer Autor die Philosophie, Kunst und Literatur des 20.Jahrhunderts geprägt. „Zerbrecht, zerbrecht mir, ihr Erkennenden, die alten Tafeln!“ - indem sein bekanntestes Buch Also sprach Zarathustra die Grenzen zwischen Philosophie und Dichtung provokativ aufhebt und die abendländische Metaphysik („Wahrheit“, „Vernunft“, „Subjekt“, „Moral“ u.a.) als bloße Metaphorik und sprachliche Gewohnheit entlarvt, hat es wie kein anderes Buch die literarischen und künstlerischen Avantgarden nach 1900 beflügelt. Der in vier Teile gegliederte Text ähnelt formal einem allegorischen Roman, der in Szenen und Episoden die fragmentierte Geschichte des Protagonisten - vor allem seine „Sprüche“ und „Lieder“ - „präsentiert“: Zarathustra wird aus archaischer Vorzeit (Alt-Persien) herbeizitiert und zur poetischen Sprechmaske Nietzsches fiktionalisiert, zum Lehrer der „Ewigen Wiederkehr“, zum Botschafter der „Umwertung der Werte“, zum Propheten des „Übermenschen“ und des „Willens zur Macht“.
Stärker noch als durch Themen, Thesen und Theoreme hat Nietzsche bis heute vielleicht durch seinen aphoristischen Stil des Denkens und Schreibens gewirkt. Deshalb soll die genaue Lektüre von Also sprach Zarathustra vor allem den charismatischen Zauber von Nietzsches Sprache aufspüren und sein Funktionieren im Text wie im historischen Kontext verdeutlichen. Beispiele der philosophischen wie der literarischen Nietzsche-Rezeption sollen von Fall zu Fall herangezogen werden (z.B. Karl Löwith, Martin Heidegger, Max Kommerell, Thomas Mann, Gottfried Benn, Michel Foucault, Jacques Derrida u.a.).
Text: Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen. In: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe, Bd.4. Hg. v. G.Colli/ M.Montinari. DTV/ de Gruyter, München/ Berlin / New York 1980 ( auch: Reclam Taschenbuch 21706, Stuttgart 2008)
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