Vorlesung Waseda 2004/2005
Mythos - Mythologie - Mythentheorie
Mythen haben immer noch Konjunktur, wie heute der inflationäre Wortgebrauch in Massenmedien und öffentlichen Debatten zeigt: einerseits geht es darum, Kult und vorgebliche Aura ("Image") einer Person oder Sache positiv zu betonen, andererseits die bloße Illusion eines täuschenden, weil nur erfundenen "Mythos" kritisch zu demaskieren. Die geschichtsphilosophische Romantik hatte um 1800 den reflexiven Zusammenhang von Mythos, Mythologie und Mythentheorie gestiftet, der seither nicht nur in Literatur und Kunst, sondern auch in Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften große Produktivkraft entfaltete.
Nach dem einleitenden Rückblick auf die romantische Grundlegung um 1800 sollen aktuelle Mythentheorien im Mittelpunkt des Seminars stehen: Auszüge aus Texten von Horkheimer/Adorno, Benjamin, Cassirer, Canetti, Blumenberg, Marquard, Assmann sowie Lévi-Strauss und Barthes sollen gemeinsam gelesen und erläutert werden. Beispiele literarischer Mythenrezeption in der deutschen Gegenwartsliteratur können konkrete Anschauungen zu den Theorien liefern.
Zur Einführung wird empfohlen: Texte zur modernen Mythentheorie. Hg.v. W.Barner, A.Detken, J.Wesche, Reclam UB 17642, Stuttgart 2003. Textauszüge und Materialien werden zur Verfügung gestellt.